Grundgütiger Gutenberg.

Ein paar gute Gründe hinsichtlich der Gründung.

Wenn ich gefragt werden würde – es fragt mich allerdings keiner, wie auch, es weiß ja derzeit so gut wie niemand über dieses zarte Verlagspflänzchen namens Kraus, muss ich das also auch noch selbst übernehmen, aber nun ja! –, wenn ich also gefragt werden würde, ob es nicht bereits mehr als ausreichend Verlage gäbe, welche die lieben Buchhändlerinnen und Buchhändler Jahr für Jahr im Frühjahr und im Herbst mit ganzen Lastwägen voller Neuerscheinungen überrollten, die mit Heerscharen ausgebuffter und mit sämtlichen Kniffs & Tricks des tüchtigen Verkaufens geschulten und deshalb höchstgescheiten Vertriebs- und Vertretermannschaften die Buchhandlungen belagerten und letztere mit Verlagsvorschauen und Lese-Exemplaren torpedierten – wenn ich also die Kurzweil haben sollte, mich dies alles selbst zu fragen, ohne dabei vergessen zu haben, was in diesem mit Konjunktiven recht überstrapazierten Bandwurmsatz eigentlich die Fragen waren, so könnten die Antworten wohl nur lauten: ja, gewiss und sicherlich.

Nichtsdestotrotz: ich verspüre eine konstant stabile Laune, genau das gleiche, sprich: Bücher, genauer: Bilderbücher für Kinder zu publizieren. Why? Zu fad wäre es, hier ein Werbesprüchlein aufzusagen, also so etwas wie den Kindern etwas Nützliches und Erbauliches mit auf den Weg zu geben, das ist unsere Mission etc (mein Slogan wäre wohl am ehesten so etwas wie Quatsch mit Herz oder so, aber das ist ja recht eigentlich auch wieder etwas sehr Nützliches und Erbauliches, der sinnvolle Unsinn von Sprachspielereien beispielsweise und die Herzensbildung sowieso). Jetzt, wo war ich, ach ja: die eigentliche Motivation, einen Verlag für Kinderbücher zu gründen, ist, ich gebe es zu, das Verlegerseinwollende. Ich glaube der Atmo wegen.

Kurze Zwischenüberschriften lockern den Text auf und geben dem Leser, der Leserin bzw. den Lesenden Orientierung.

In vielen Branchen begegnet man oft einer gedankenlosen Geräuschkulisse, die Buchbranche hingegen stellt man sich gern als eher geräuschlose Gedankenkulisse vor. Alles Grobgeistige wird von den dicken Teppichen auf den Buchmessen- und Verlagsfluren absorbiert, so dass als Sound nur das feine und konzentrierte Nachdenken, -blättern und -schlagen übrig bleibt. Ein gedämpftes Gesummse und Gebrumme ist das immer auf den Buchmessen! Mache ich etwa den ganzen Aufwand nur für diese zwei, drei schönen Tage in Frankfurt, Leipzig und Bologna? Vielleicht.

Aber das ist natürlich Unsinn. Es gibt noch viele weitere gute Gründe einen Verlag zu gründen. Als Verleger habe ich theoretisch die Möglichkeit, Pfeife schmauchend und im Ohrensessel lümmelnd über den Pathos in den Texten junger Autorinnen und Autoren mildmüde zu lächeln oder an anderer Stelle “Sehr schön!“ oder “Naja!” oder „Hm.“ mit dem Stabilo an den Rand des Manuskripts zu kritzeln. Mein Großvater väterlicherseits hat das auch gern gemacht. Mit kreativen Künstlerinnen und Künstlern zu korrespondieren, so dass sich aus Konzepten später Kunst in Form von Büchern kondensiert, das stelle ich mir jedenfalls schön vor. Und vielleicht lege ich mir auch noch einen braunen Cordanzug zu, wer weiß.

Aber das ist ja (fast) auch wieder alles nur Unsinn. Jetzt also in echt: im Herbst 2020, während der zweiten Verriegelung, las ich abends meiner kleinen Tochter ein Bilderbuch vor. Es war ein Geschenk von M. “Vorlesen” trifft den Vorgang nicht ganz, es war eher ein Ankämpfen gegen die gähnende Langeweile, die jenes Bilderbuch wie ein übler Geruch entströmte. Ein Klischee reihte sich an das nächste, ich wurde niedergedrückt von einer nicht enden wollenden Klischeekolonne. Reichlich genervt las ich roboterhaft vor: meine Augen sahen Wörter, mein Mund formte sie entsprechend, aber mein Hirn war ganz woanders. Während ich also meiner kleinen Tochter dieses lieblos dahingesudelte Buch vorlas, dachte ich an Verschiedenes. Ich dachte an Marmelade und Brötchen, die ich am nächsten Morgen einzukaufen hatte; ich dachte daran, welche Netflix-Serie ich später vielleicht noch würde schauen können, ich überlegte, ob ich in den letzten Wochen wieder mal irgendwelche Geburtstage vergessen hatte und was ich den Kindern morgen zum Mittag kochen sollte; des Weiteren dachte ich über das Alter im Allgemeinen und über das meinige im Besonderen nach, zuletzt fiel mir noch eine unbezahlte Rechnung ein, die deswegen unbezahlt geblieben war, weil die Rückseite reizend bemalt und das Kunstwerk an die Wohnzimmerwand getesat und die Rechnung deshalb vergessen worden war. An all das dachte ich, während meine Augen diese triste Wörterwüste registrierte und mein Mund das alles automatisch nachplapperte. Es war so ein Gefühl, wie es sich sonst wohl nur bei Bergsteigern einstellt, die in den 8000ern herumkraxeln – dort die Sauerstoffknappheit, die das Atmen erschwert, hier die Ideen-Ödnis, die das Vorlesen immer mühsamer machte. 

Nachdem ich das Buch endlich hinter mich gebracht hatte, beschloss ich zwei Dinge:

1. Bilderbuchalbträume pilcheresker Natur haben künftig nur sehr wenig bis gar nichts in unseren Kinderzimmern zu suchen. Mittelschwere Fälle von Ideenarmut werden aus Versehen hinter Regale rutschen und bis zum nächsten Umzug dort verharren müssen. Bei gröbster Ideen- oder Herzlosigkeit droht die Ausbürgerung bzw Ausbuchung hinauf auf den Dachboden und hinein in die Flohmarktkiste.

2. Inspiriert durch Kant (“sapere aude!”) und Detlef D! Soost (“Scheiß drauf, mach’s einfach!“), beschloss ich kurzerhand, einen Verlag für Bilderbücher zu gründen, um herzensgute und spitzenmäßig lustige Bücher für jung und alt zu publizieren. Um mir den Anstrich der Professionalität zu geben, möchte ich an dieser Stelle gern dazuschreiben, dass ich das Büchermachen vor ziemlich vielen Jahren gelernt habe, hier nämlich. Und dann war ich noch  für ein halbes Jahr hier, und während des Studiums habe ich hier gearbeitet und für die, die und die. Dann hat es mich in die weite Welt der Reklame hineingeweht. Ach so, das Buch habe ich vor vielen Jahren auch schon mal gemacht.

Jetzt, was wird aus dem kleinen Verlagsschiffchen namens Kraus? Wird es ausreichend Bestellungen regnen, so dass der Cashflow sein Ding macht und somit immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel sein wird? Oder werde ich knietief im Dispo stehen müssen, während mich die Zinsfischchen anknabbern? Wird das Verlagsbötchen auf die offene See der freien Buchwirtschaft hinausschippern können, mit vollem Segel Fahrt aufnehmend, dorthin, wo auch die großen Verlagsdampfer unterwegs sind, die das Krausschiffchen allein schon mit ihrer Bugwelle an Marketing- und Vertriebsmacht zum Kentern bringen könnten? Wird es in Buchhandlungen und den Herzen der Kundschaft ankern können?

Hoffenwama, wa.

Der Geschäftsplan ist jedenfalls geschrieben, der beantragte kleine Kredit von der Anstalt bewilligt worden und im Frühjahr 2022 geht es los mit dem ersten Buch. Es trägt den schönen Titel “Von Schildflöten, Herdmännchen und Großmaulnashörnern” und ist ein Tierlexikon der anderen Art. Dieses Bilderbuch stellt einige der bislang unbekanntesten und unentdecktesten Lebewesen der Welt vor. Oder haben Sie schon mal etwas von der Schmolle oder der Schlamasselassel gehört? Eben. Das Bilderbuch wird voraussichtlich 14,90 € kosten und im klassischen Bilderbuchhardcoverformat erscheinen. Geschrieben hat es Juri Johansson, ein junger Schwede, der in Nürnberg wohnt, die Illustrationen kommen von Stefanie Jeschke, die schon sehr viele und sehr gute Kinderbücher illustriert hat. Wenn Sie möchten, können Sie das Buch auf dieser Seite bestellen.

Tschüssi!

PS: Das Logo des Verlags, siehe oben, wurde entwickelt und gestaltet von Guido Alfs.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Werner holzwarth

    Nett geschrieben.
    Wünsche alles Gute!
    Von Herzen!
    Mit Stefanie ist ja auch eine tolle Illustratorin an Bord.
    Aber ob die unbekannten Lebewesen einschlagen? Die Thematik ist nicht gerade neu. Denke ich.

    Liebe Grüße, alles Gute aus Frankfurt
    Werner Holzwarth

  2. André

    Hallo Herr Holzwarth, vielen Dank für die guten Wünsche! Für dies erste Buch habe ich mir sehr viele Bilderbücher und Webseiten von Illustratorinnen und Illustratoren angeschaut, und der Grund, warum ich Stefanie dann als erstes kontaktiert hatte, war, dass mir ihre Erdmännchen, die sie für Ihr “Ich wär so gern …”-Buch gezeichnet hat, so gut gefallen haben. Also, das leicht Verpeilte und Derangierte der Figuren.

    Ich bin jedenfalls auch schon sehr gespannt, wie dies erste Bilderbuch aufgenommen wird 😉

  3. Andrea Hensgen

    Lieber Herr Kraus,
    jeder, der diesen wüsten Zeiten gute Laune, Zuversicht und die Freude daran, ein Abenteuer zu wagen, entgegensetzt, hat vorneweg meine ganze Sympathie.
    Klar, es gibt von allem genug, auch von guten Bilderbüchern, aber soll man deshalb die Hände in den Schoß legen und die eigene Phantasie und die Freude am eigenen Gestalten in den Schrank hängen?
    Je mehr Leute mit Schwung und Begeisterung die Grenzen des Bekannten, des Gewohnten überschreiten, umso mehr zufriedene Leute und umso mehr inspirierende Dinge um uns herum!
    Die besten Wünsche von Andrea Hensgen, Bilderbuchautorin

    1. André

      Liebe Frau Hensgen, vielen lieben Dank für die aufmunternden Worte!

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